Schillings Gasthof
Deutschlands größte Insel Rügen besticht durch ursprüngliche Landschaft, feinsandige Strände, mondäne Seebäder und malerische Ortschaften. Schillings Gasthof liegt am Hafen des Fischerdorfes Schaprode im Westen der Insel. Wer nach Hiddensee möchte, der kommt direkt an dem traditionsreichen Gasthof vorbei, in dessen Räumen bereits Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Ausflugsgäste begrüßt wurden. Familie Schilling hat das Haus im Sommer 2011 als mittlerweile vierte Familie übernommen und liebevoll renoviert. Auf der Speisekarte des Restaurants finden sich heute vor allem regionale Spezialitäten wie der traditionell gefangene Kutterfisch von Hiddensee und Rindfleisch von der Insel Öhe, die nur ein paar Ruderschläge vom Hafen entfernt vor Rügen liegt und seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Schilling ist. Seit 2006 betreibt Mathias Schilling dort gemeinsam mit seiner Frau ökologische Viehzucht. Wer den Blick auf Hafen und Insel ein wenig länger genießen möchte, der kann sich im reetgedeckten Gästehaus gleich um die Ecke des Gasthofes einquartieren. Zwei freundlich eingerichtete Doppelzimmer und ein Apartment mit Hafenblick können in der idyllischen Unterkunft angemietet werden. Für Ausflüge in die unberührte Natur Rügens oder auf die kleine Schwesterinsel Hiddensee kann man sich im neu eröffneten Hofladen der Schillings mit Proviant versorgen.
Herr Schilling, Sie haben den ehemaligen Gasthof Keil vor drei Jahren übernommen. Was wissen Sie über die Geschichte des Hauses und welches Konzept haben Sie mit der Übernahme verbunden?
Unser Gasthaus ist eines der ältesten Restaurants auf der Insel Rügen. Es gibt Postkarten aus den 1920er Jahren, auf denen man bereits Gäste auf der Terrasse sitzen sieht. Im Jahre 1937 hat Arnold Keil das Gasthaus übernommen und es als “Eierschenke“ oder „Eierkeil” bekannt gemacht. Besonders beliebt war (und ist) es bei den Hiddensee-Reisenden, um sich die Wartezeit bis zur Überfahrt zu vertreiben. Berühmt sind die noch heute existenten Autogrammkarten vergangener Filmgrößen wie Asta Nielsen, Gret Palucca oder Armin Müller-Stahl, die hier zu Gast waren. Nach 1990 verblasste der Ruhm jedoch zunehmend, im Januar 2011 stand das Objekt dann zum Verkauf. Da wir in einer Touristenregion liegen, haben wir uns entschlossen, den Gasthof zu übernehmen. Wir wollten damit eine Plattform für die Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte schaffen, die wir auf unserem 75ha großen Grünlandbetrieb produzieren. Wir haben den ganzen Gasthof behutsam von Grund auf renoviert und eine große Sonnenterrasse gebaut.
Sie wohnen mit Ihren Tieren als einzige Bewohner auf der Insel Öhe gegenüber des Schaproder Hafens. Wie sind Sie mit Ihrer Familie „auf die Insel gekommen“?
Die Insel Öhe ist seit ca. 1315 im Besitz unserer Familie und wurde 1945 auch nicht enteignet – meine Großmutter lebte hier noch bis 1996. Mein Vater hat sich dem Regime 1965 durch Republikflucht entzogen, weswegen ich in Schleswig-Holstein aufgewachsen bin. Nach der Schule bin ich von dort aus nach Berlin gegangen, habe erst Hotelfach gelernt und dann Landwirtschaft studiert. In Berlin habe ich auch meine spätere Ehefrau kennengelernt. Wir sind dann gemeinsam zurück nach Rügen gegangen und haben hier unsere Betriebe aufgebaut und eine Familie gegründet.
Auf der Speisekarte des Gasthofes steht auch das Fleisch der Rinder, die Sie selbst auf der Insel züchten. Was ist das Besondere daran?
Unsere Bewirtschaftungsflächen liegen alle direkt am Wasser – unsere Rinder umweht also die Seeluft der Ostsee. Alle unsere Wiesen unterliegen dem Naturschutz und bieten eine einzigartige Auswahl an Gräsern und Kräutern, welche obendrein durch ihren hohen Salzgehalt besonders schmackhaft für die Tiere sind. Wir züchten die Rasse Limousin, die für eine sehr kurze und feine Fleischfaser bekannt ist – das Fleisch an sich ist also relativ fettarm, aber sehr aromatisch und zart. Neben dem artgerechten langsamen Wachstum und der guten genetischen Veranlagung kommt es für die Qualität des Fleisches aber auch auf eine stressarme Schlachtung der Tiere an. Deshalb arbeiten wir mit der „Rügener Landschlachterei“, einem kleinen Manufakturbetrieb nur 20 Minuten von uns entfernt, zusammen. Als Gastwirt weiß ich also, woher mein Fleisch stammt und als Landwirt, dass es die ihm gebührende Achtung bei der Verarbeitung erfährt.
Sie legen auch sonst Wert auf die Verwendung regionaler Produkte…
Wir achten sehr darauf, dass die Region in der wir leben touristisch interessant ist und bleibt. Dafür ist auch der Erhalt oder die Neugründung kleiner handwerklicher Produktionsbetriebe wichtig, denn nur Strand und Bett sind für einen schönen Urlaub nicht genug. Wir geben lokalen Produkten, sofern die Qualität stimmt, daher immer den Vorzug. Bei einigen Produkten muss man um das Verständnis der Gäste werben und ihnen auch mal erklären, dass Heilbutt eben nicht in der Ostsee vorkommt. Ein Beispiel für regionale Zusammenhänge ist der Einkauf von Fisch bei regionalen Fischern, wodurch wir die küstennahe Fischerei unterstützen. Für uns bedeutet es zwar einen höheren Arbeitsaufwand, aber so haben wir immer tollen und frischen Fisch und fördern damit zugleich, dass regelmäßig eine Fangflotte im Hafen liegt, was von den Touristen auch erwartet wird. Schließlich ist Schaprode ein Fischerdorf! Natürlich erhöht das auch die Attraktivität unseres Standortes direkt am Hafen.
Landwirt. Gastwirt. Und seit kurzem betreiben Sie auch noch ein Gästehaus. Wie kam es dazu?
Am Anfang stand ja die Insel. Alles Weitere hat sich so ergeben und ein Rad griff in das andere. Nachdem wir den Gasthof übernommen hatten, war es naheliegend, auch einen Hofladen zu eröffnen. Und als direkt nebenan am Hafen das wunderschöne reetgedeckte Haus zum Verkauf stand, mussten wir die Gelegenheit natürlich nutzen. Das ist jetzt unser beliebtes Gästehaus geworden.
Ihr Tipp für den Mecklenburg-Vorpommern-Urlaub?
Wenn wir mal Zeit haben, machen wir selber sehr gerne einen Tagesausflug nach Hiddensee: Von Schaprode aus mit dem Schiff nach Neuendorf, dort ein Fahrrad mieten und über die Insel radeln. Am Hafen von Vitte ein Bier trinken und dann über den Deich nach Kloster zu „Fisch Willi“ fahren und regionalen geräucherten Fisch oder ein Fischbrötchen essen. Die Fahrräder am Inselmuseum stehen lassen, ein Stück am Strand wandern, dann die Treppe die Steilküste hochgehen, auf dem Steilufer bis zum „Klausner“ laufen, über den Leuchtturm wieder absteigen und über Grieben zurück nach Kloster wandern. Die Räder nehmen und Richtung Vitte aufbrechen, kurz vor dem Ort rechts auf die Düne fahren und direkt am Wasser weiter Richtung Neuendorf. Hier die Räder wieder abgeben und das Schiff zurück nach Schaprode nehmen. Und zum Finale des Tages ein Abendessen bei uns auf der Sonnenterrasse genießen!
Fotos: Uli Kohl
Interview: Katrin Gewecke
Kontakt:
Schillings Gasthof
Mathias Schilling
Hafenweg 45
18569 Schaprode / Insel Rügen
Mehr Informationen unter: http://www.schillings-gasthof.de